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Übersetzungen aus den CONFÉRENCES
 

von Pater Henri-Dominique Lacordaire:
 

 CONFÉRENCES DE NOTRE-DAME DE PARIS,  

TOME TROISIÈME, ANNÉES 1846-1848
, herausgegeben: Paris 1872,
zweiundfünfzigste Rede, gehalten 1848, von der "Doppelten Arbeit des Menschen"
(S. 471 bis 495, hier  S. 492-494)

 

Der Text von Pater Henri-Dominique Lacordaire ist enthalten in seinen OEUVRES (Band IV) und erreichbar über über das verdienstvolle Faksimile-Projekt gallica.bnf.fr der Bibliothèque nationale de France unter http://gallica.bnf.fr/document?O=N202681. Von dort kommt man z.B.  mit "Pagination" weiter und sieht auch, dass man fürs Download ("Télécharger") als letzte Seite 495 eingeben kann. Dann muss man nochmal klicken auf "...cliquant...", "Speichern", etwas warten und z.B. mit dem Windows-Zubehörprogramm "MS Document Imaging" öffnen. In der PDF-Version funktioniert nicht die automatische Suche. Wenn man zur PDF-Umwandlung kein Texterkennungsprogramm (OCR) hat, kann man den Text jedoch auch als TIFF-Datei herunterladen und z.B. durch Omnipage nach Auswahl der Hauptsprache "Französisch" für die Suchfunktion zugänglich machen.


Es geht um das sehr verbreitete Zitat:
 

"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Du Contrat Social
(Original franz.: "Entre le faible et le fort c'est la liberté qui opprime et c'est la loi qui libère.")
 

zitiert aus http://de.wikiquote.org/wiki/Jean-Jacques_Rousseau (Stand 26.3.06),


bzw. im französischen Sprachraum:

"Entre le fort et le faible, entre le riche et le pauvre, entre le maître et le serviteur, c'est la liberté qui opprime et la loi qui affranchit", 52e Conférence de Notre-Dame, 1848,
 

zitiert aus der französischsprachigen Wikipedia unter http://fr.wikipedia.org/wiki/Henri_Lacordaire (Stand 26.3.06).
 

Das Originalzitat lautet:
 

Sachent donc ceux qui l'ignorent, sachent les ennemis de Dieu et du genre humain, quelque nom qu'ils prennent, qu'entre le fort et le faible, entre le riche et le pauvre, entre le maître et le serviteur, c'est la liberté qui opprime, et la loi qui affranchit.

 

(sh. Quellenangabe unter dem Titel oben, Seite 494), also auf Deutsch:
 

So mögen denn alle wissen, die es ignorieren, die Feinde Gottes und der Menschheit, welchen Namen sie sich auch geben, dass zwischen dem Starken und dem Schwachen, zwischen dem Reichen und dem Armen, zwischen dem Herrn und dem Knecht, es die Freiheit ist, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit.
 

Bei flüchtiger Lektüre der Reden von  Pater Lacordaire, Mitglied der Adacémie Française, erscheint er als Konservativer. Hier schreibt er jedoch im Sinne von Jean-Jacques Rousseau, auch wenn es vordergründig nur um die Heiligung des Sonntags geht. Abgesehen von der starken Betonung des religiösen Bezugs ist das Zitat ganz im Sinne von Rousseaus Gesellschaftsvertrag (sh. unten), so dass der Bezug darauf - überspitzt gesagt -  richtiger erscheint als der Bezug auf Lacordaire.

Die folgende Übersetzung aus der bemerkenswerten Rede dieses frommen und wortgewaltigen Mannes ist eine kleine Aufmerksamkeit für die "christliche" Union sowie für sonstige "Liberalisierer" und "Deregulierer".

Wenn man das Zitat in Rousseaus DER  GESELLSCHAFTSVERTRAG  ODER  DIE GRUNDSÄTZE  DES  STAATSRECHTS (DU CONTRAT SOCIAL...) sucht, wird man es also nicht finden. Dafür findet man es aber in der obigen oder anderen deutschen Formulierungen um so häufiger mit Google als Zitat von Rousseau.

Es ist hier ähnlich wie mit der hohen Trefferquote bei der Google Suche nach den Diffamierungen gegen Lafontaine in Verbindung mit der sogenannten "Rotlichtaffäre", die  nicht zuletzt durch die Wikipedia weiterverbreitet wurden (zu den Gründen sh. hier Rotlicht.htm), wobei aber in Verbindung mit dem obigen Zitat ebenfalls andere Fehlerquellen maßgeblich sein können.
 

 

 

 

Originaltext

 

 

Tel est donc le sens, tel est le résultat de cette grande loi du travail que Dieu a voulu promulguer et consacrer dans l'acte même de la création. Après vous l'avoir interprétée, pourrais‑je retenir un sentiment douloureux qui m'oppresse? Pourrais‑je ne pas me plaindre à vous qu'il y ait un peuple chrétien qui méprise cette loi, et que ce peuple soit le nôtre? Est‑ce bien la France qui méconnaît à ce point les devoirs les plus sacrés de l'homme envers l'homme? Est‑ce'elle qui déchire le pacte fondamental de l'humanité, qui livre au riche l'âme et le corps du pauvre pour en user à son plaisir, qui foule aux pieds le jour de la liberté, de l'égalité, de la fraternité, le jour sublime du peuple et de Dieu? Je vous le demande , est‑ce bien la France? Ne l'excusez pas en disant qu'elle permet à chacun le libre exercice de son culte, et que nul, s'il ne le veut, n'est contraint de travailler le septième jour; car c'est ajouter à la réalité de la servitude l'hypocrisie de l'affranchissement. Demandez à l'ouvrier s'il est libre d'abandonner le travail à l'aurore du jour qui lui commande le repos. Demandez au jeune homme qui consume sa vie dans un lucre quotidien dont il ne profite pas, s'il est libre de respirer une fois par semaine l'air du ciel et l'air plus pur encore de la vérité. Demandez à ces êtres flétris qui peuplent les cités de l'industrie, s'ils sont libres de sauver leur âme en soulageant leur corps. Demandez aux innombrables victimes de la cupidité personnelle et de la cupidité d'un maître, s'ils sont libres de devenir meilleurs, et si le gouffre d'un travail sans réparation physique ni morale ne les dévore pas vivants. Demandez à ceux‑là mêmes qui se reposent en effet, mais qui se reposent dans la bassesse des plaisirs sans règle, demandez‑leur ce que devient le peuple dans un repos qui n'est pas donné et protégé par Dieu. Non, Messieurs, la liberté de conscience n'est ici que le voile de l'oppression; elle couvre d'un manteau d'or les lâches épaules de la plus vile des tyrannies, la tyrannie qui abuse des sueurs de l'homme par cupidité et par impiété. Si la liberté de conscience étai ici pour quelque chose, apparemment l'Angleterre protestante s'en serait aperçue; apparemment la démocratie des États‑Unis d'Amérique s'en serait avisée : et dans quels lieux du monde le droit du septième jour fut‑il plus respecté?

 

 

Übersetzung

 

 

Darin lieg also der Sinn, darin der Gehalt dieses großen Gesetzes für die Arbeit, das Gott verkünden und heiligen wollte, unmittelbar im Schöpfungsakt . Nachdem ich es Ihnen dargestellt habe - darf ich ein schmerzliche Gefühl behalten, das mich bedrückt? Könnte ich mich nicht beklagen bei Ihnen, dass es ein christliches Volk gibt, das dieses Gesetz verachtet, und dass dieses Volk das unsere ist? Ist es nicht Frankreich, das in diesem Maße die heiligsten Pflichten des Menschen gegenüber dem Menschen verkennt? Ist es nicht Frankreich, das den den fundamentalen Pakt der Menschheit zerreißt, die dem Reichen die Seele und den Körper des Armen ausliefert um davon nach eigenem Gefallen Gebrauch zu machen, das den Tag der Freiheit, Gleichheit , Brüderlichkeit mit Füßen tritt, den erhabenen Tag des Volkes und Gottes?  Ich frage Sie, ist das wirklich Frankreich? Entschuldigen Sie es nicht mit der Redensart, dass Frankreich jedem die freie Ausübung seiner Religion erlaubt und dass niemand gegen seinen Willen verpflichtet ist, am siebenten Tage zu arbeiten; denn damit fügt man der Realität der Versklavung noch die Heuchelei der Befreiung hinzu. Fragen Sie den Arbeiter, ob er frei ist, seine Arbeit zu unterbrechen am Morgen des Tages, der ihm die Ruhe befiehlt. Fragen Sie den jungen Mann, der sein Leben verzehrt in einer täglichen Profitjagd, von der er nichts hat, ob er frei ist, auch nur einmal in der Woche die Luft des Himmels und die noch reinere Luft der Wahrheit zu atmen. Fragen Sie diese welken Wesen, die die Industriestädte bevölkern, ob sie frei sind, ihre Seele zu retten, indem sie ihren Körper Ruhe gönnen. Fragen sie die zahllosen Opfer der eigenen Gier und der Gier ihrer Herren, ob sie frei sind, besser zu werden, und ob sie den Abgrund einer Arbeit ohne körperliche und moralische Erholung nicht lebend verzehrt. Fragen Sie sogar jene, die tatsächlich ausruhen, aber die ausruhen in der Niedrigkeit regelloser Vergnügungen, fragen Sie auch die, was aus dem Volk wird in einer Ruhezeit, die nicht durch Gott gewährt und geschützt ist. Nein, meine Herren, Die Gewissensfreiheit ist hier nicht anderes als der Schleier der Unterdrückung; sie verdeckt mit goldenem Mantel die feigen Schultern der niederträchtigsten Tyrannei, der Tyrannei, die den Schweiß des Menschen aus Gier und Gottlosigkeit missbraucht. Wenn die Freiheit hier für irgend etwas stünde, hätte es offenbar das protestantische England wahrgenommen, hätte es offenbar auch die Demokratie der Vereinigten Staaten von Amerika erkannt: und wo in der Welt würde das Recht des Siebenten Tages mehr respektiert?  

 
  Sachent donc ceux qui l'ignorent, sachent les ennemis de Dieu et du genre humain, quelque nom qu'ils prennent, qu'entre le fort et le faible, entre le riche et le pauvre, entre le maître et le serviteur, c'est la liberté qui opprime, et la loi qui affranchit.  

So mögen denn alle wissen, die es ignorieren, die Feinde Gottes und der Menschheit, welchen Namen sie sich auch geben, dass zwischen dem Starken und dem Schwachen, zwischen dem Reichen und dem Armen, zwischen dem Herrn und dem Knecht, es die Freiheit ist, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit.

 
 

 

 

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